Das Hinweisgeberschutzgesetz stellt klare Anforderungen an Arbeitgeber mit über 50 Beschäftigten*. Sie sind verpflichtet eine interne Meldestelle für Hinweisgeber einzurichten. Diese Aufgabe können Unternehmen auch outsourcen. Wenn sie sich entscheiden, die Meldestelle selbst zu führen, müssen „fachkundige“ Personen benannt werden, die das Hinweisgebersystem betreuen.

Doch was genau bedeutet in diesem Zusammenhang „fachkundige“ Personen? Dieser Beitrag beleuchtet die Anforderungen im Detail und gibt Empfehlungen für Unternehmen, die sich für eine unternehmensinterne Betreuung der Meldestelle entscheiden.

Die Bedeutung von „notwendiger Fachkunde“

Das Hinweisgeberschutzgesetz fordert gemäß § 15 Abs. 2 HSchG, dass die mit den Aufgaben einer internen Meldestelle betrauten Personen – mindestens 2 – über die erforderliche Fachkunde verfügen. Der Gesetzgeber bleibt hier zunächst vage und definiert die Begrifflichkeit nicht. Aus den Erläuterungen zum Hinweisgeberschutzgesetz geht jedoch hervor, dass zumindest theoretische Kenntnisse im Bereich Compliance erforderlich sind. Diese können beispielsweise durch Schulungen erlangt und regelmäßig erneuert werden (BT-Drs. 20/5992).

Praktische Kenntnisse als Zusatzkriterium

Eine genauere Einordnung der erforderlichen Fachkunde liefern die Erwägungsgründe des europäischen Gesetzgebers zur EU-Whistleblower-Richtlinie (RL (EU) 2019/1937) vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden:

„Welche Personen oder Abteilungen innerhalb einer juristischen Person des privaten Sektors am besten geeignet sind, Meldungen entgegenzunehmen und Folgemaßnahmen zu ergreifen, hängt von der Struktur des Unternehmens ab; ihre Funktion sollte jedenfalls dergestalt sein, dass ihre Unabhängigkeit gewährleistet wird und Interessenkonflikte ausgeschlossen werden. In kleineren Unternehmen könnte diese Aufgabe durch einen Mitarbeiter in Doppelfunktion erfüllt werden, der direkt der Unternehmensleitung berichten kann, etwa ein Leiter der Compliance- oder Personalabteilung, ein Integritätsbeauftragter, ein Rechts- oder Datenschutzbeauftragter, ein Finanzvorstand, ein Auditverantwortlicher oder ein Vorstandsmitglied.“

Diese Auflistung lässt erkennen, dass neben theoretischem Wissen auch praktische Erfahrungen im Bereich Compliance für die notwendige Fachkunde vorausgesetzt werden. Dies legt nahe, dass Mitarbeiter der Meldestelle nicht nur über theoretische Kenntnisse, sondern auch über praktische Erfahrung verfügen sollten.

Fachkunde gemäß dem Arbeitsschutzgesetz

Ein Blick ins Arbeitsschutzgesetz konkretisiert den Begriff der Fachkunde weiter. Neben theoretischen und praktischen Kenntnissen umfasst sie auch berufliche Erfahrungen. Fachkunde im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes (§ 13) bezeichnet die fachliche Qualifikation der beauftragten Person als Voraussetzung für die ordnungsgemäße Wahrnehmung der durch den Arbeitgeber übertragenen verantwortlichen Aufgaben. Dies dient als Analogie zur Fachkunde-Anforderung im Hinweisgeberschutzgesetz und unterstreicht die Bedeutung eines breiten Kompetenzspektrums.

Unsere Bewertung der Fachkunde

Die Mitarbeiter der Meldestelle müssen in der Lage sein, gemeldete Hinweise vertraulich zu behandeln, rechtlich zu prüfen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, einschließlich interner Untersuchungen. Dies erfordert sowohl theoretische als auch praktische Kenntnisse im Bereich Compliance. Es liegt in der Verantwortung der Arbeitgeber, sicherzustellen, dass die zuständigen Mitarbeiter über die notwendige Fachkunde verfügen, und diese durch Schulungen und Fortbildungen zu dokumentieren. Nur so können die Arbeitgeber und die Mitarbeiter sicherstellen, dass die erforderliche Fachkunde prüfungsfest nachgewiesen werden kann, insbesondere im Rahmen der Jahresabschlussprüfung. Dieser Nachweis kann auch bei Haftungsprozessen relevant werden.

Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Meldestelle

Die Anforderung an Fachkunde gilt für alle Mitarbeiter der Meldestelle. Das zuständige Team muss aus mindestens zwei Personen und einem Stellvertreter bestehen. Nur so kann die ununterbrochene Funktionsfähigkeit der Meldestelle sichergestellt werden, selbst bei Abwesenheit eines Mitarbeiters (z.B. bei Urlaub oder Krankheit).

Fazit

Die Einrichtung einer internen Meldestelle gemäß dem Hinweisgeberschutzgesetz erfordert sorgfältige Planung und Auswahl der beteiligten Mitarbeiter. Neben theoretischen Kenntnissen werden auch praktische Erfahrungen vorausgesetzt. Arbeitgeber sollten sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter die notwendige Fachkunde besitzen und diese durch Schulungen und Fortbildungen nachweisen. Nur so können sie die reibungslose Funktionsfähigkeit der internen Meldestelle gewährleisten und den Schutz von Hinweisgebern effektiv umsetzen.

Angebot: Kostenfreies Gespräch mit unseren Experten

Sie haben Fragen zum Hinweisgeberschutzgesetz und der Implementierung eines Hinweisgebersystems in Ihrem Unternehmen? Sprechen Sie uns an und vereinbaren Sie einen kostenlosen Termin mit unseren Experten.

Kontakt

Sprechen Sie mit unseren Experten – unverbindlich und kostenlos.

E-Mail: info@compliancerechtsanwaelte.de
Telefon: 089 2152 7445

Autor dieses Artikels: RA Dr. Maximilian Degenhart, Geschäftsführer der Compliance Beratung + Service Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.

Compliance Rechtsanwälte ist eine Spezialkanzlei für Compliance, die in den Kernbereichen Compliance-Organisation, Datenschutz, ESG, Geldwäsche, IT-Recht, Strafrecht, Hinweisgebersystemen, Lieferketten und Schulungen tätig ist. Das Team von Compliance Rechtsanwälte berät eine breite Vielfalt an Mandanten. Dazu gehören aufstrebende mittelständische Unternehmen genauso wie die öffentliche Hand und Konzerne. Compliance Rechtsanwälte ist eine der führenden Adressen für Compliance in Deutschland.