Der Koalitionsvertrag 2025 bringt Änderungen für die Compliance in Deutschland. Die mögliche Abschaffung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG), neue Spielregeln im Wirtschaftsstrafrecht und ein umfassender Bürokratieabbau stehen im Mittelpunkt. Gleichzeitig bleiben verbindliche Anreize für Compliance-Management-Systeme aus. Der Beitrag analysiert die praktischen Folgen für Unternehmen und gibt einen Ausblick auf kommende Verpflichtungen. Die Prognose von Compliance Rechtsanwälte: Höhere Regelungsdichte in Teilbereichen, kaum Entlastung.
I. Lieferkettenrecht: Abschaffung des LkSG, neue EU-Pflichten im Anmarsch
Die Koalition plant, das LkSG vollständig abzuschaffen. An seine Stelle tritt ein nationales Gesetz, das die EU-Richtlinie zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht (CSDDD) umsetzen soll. Ziel ist eine schlanke, vollzugsfreundliche Ausgestaltung ohne unnötige Bürokratie. Bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes gelten die bisherigen Pflichten nur noch im Fall schwerer Menschenrechtsverletzungen.
Dabei ist klar: Auch wenn das LkSG entfällt, entledigen sich Unternehmen nicht ihrer Verantwortung. Die europäische CSDDD wird vergleichbare, teils umfassendere Pflichten mitbringen. Im Unterschied zum bisherigen Recht steht dort ein stärker risikobasierter Ansatz im Fokus – inklusive Anforderungen an Präventions- und Abhilfemaßnahmen sowie umfassender Stakeholderbeteiligung.
Prognose Compliance Rechtsanwälte: Im Ergebnis können wir hier keine Erleichterung erwarten.
II. Bürokratieabbau: Viele Versprechen, wenig Konkretes
Unter dem Schlagwort „Bürokratieabbau“ kündigt der Koalitionsvertrag tiefgreifende Erleichterungen an. Vorgesehen sind etwa der Wegfall der Berichtspflichten im Lieferkettenrecht, ein zweijähriges Moratorium für neue Statistikpflichten sowie vereinfachte Verfahren bei Exportkontrollen. Zusätzlich soll die Gründung von Arbeitskreisen und Fachkommissionen den Vollzug erleichtern.
Allerdings bleibt offen, wie viel tatsächlicher Abbau stattfindet. Während neue Belastungen vermieden werden sollen, behält der Vertrag gleichzeitig viele bestehende Sanktionsmöglichkeiten bei. Auch der Aufbau paralleler Kommissionen zur Überwachung kann im Ergebnis zusätzliche Bürokratie bedeuten. Die angekündigten Maßnahmen benötigen noch klare gesetzgeberische Umsetzung.
Prognose Compliance Rechtsanwälte: Hier werden die Unternehmen keine substantiierten Erleichterungen erwarten können.
III. Wirtschaftsstrafrecht: Stärkung einzelner Befugnisse statt Systemreform
Im Bereich des Strafrechts liegt der Fokus auf der Stärkung der Ermittlungsbehörden. Künftig sollen bei Geldwäscheverdachtsfällen keine Vortaten mehr erforderlich sein. Die Beweislastumkehr bei Vermögen unklarer Herkunft verschiebt die Lasten in Richtung Unternehmen.
Eine Reform des Unternehmensstrafrechts, wie sie in früheren Legislaturperioden diskutiert wurde, bleibt hingegen aus. Auch ein rechtlicher Bonus für funktionierende Compliance-Systeme ist nicht vorgesehen. Unternehmen, die bereits in Strukturen und Kontrolle investiert haben, profitieren dadurch nicht automatisch im Sanktionsfall.
Prognose Compliance Rechtsanwälte: Hier wird die Regelungsdichte stärker werden (Geldwäsche-Compliance).
IV. Digitalisierung und Cybersicherheit: NIS-2 wird zur Pflicht
Im Bereich Cybersicherheit rückt die Umsetzung der EU-Richtlinie NIS-2 in den Vordergrund. Unternehmen müssen sich auf deutlich erweiterte Pflichten zur Sicherheitsarchitektur, Risikobewertung und Störfallbewältigung vorbereiten. Die Bundesregierung kündigt an, die Umsetzung technologieoffen und effizient zu gestalten.
Trotz der erklärten Digitalfreundlichkeit der Koalition wird der Umsetzungsaufwand für viele Unternehmen erheblich sein – insbesondere im Mittelstand. Wer nicht rechtzeitig handelt, riskiert Verstöße gegen neue europäische Sicherheitsstandards.
Prognose Compliance Rechtsanwälte: Hier wird die Regelungsdichte stärker werden.
V. ESG-Berichterstattung: Bürokratiearm, aber verpflichtend
Der Koalitionsvertrag nimmt klar Bezug auf das sogenannte Omnibusverfahren der EU. Damit einher gehen die verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), die Taxonomie-Verordnung sowie der CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM). Die Koalition betont ausdrücklich, dass diese Vorgaben bürokratiearm und mittelstandsfreundlich umgesetzt werden sollen.
Besonders deutlich wird das beim Lieferkettenrecht: Das LkSG wird gestrichen, aber die europäischen Vorgaben zur Nachhaltigkeits- und Risikoberichterstattung treten an seine Stelle. Ob diese in der Praxis weniger aufwendig sind, bleibt abzuwarten. Klar ist: Auch ohne nationales Gesetz müssen Unternehmen umfangreiche ESG-Standards einhalten.
Prognose Compliance Rechtsanwälte: Hier werden die Unternehmen keine substantiierten Erleichterungen erwarten können.
VI. Außenwirtschaftsrecht
Die Regierung plant zudem, im Bereich der Außenwirtschaft Veränderungen anzustoßen.
So bekennt sich die Bundesregierung zur konsequenten Umsetzung der bestehenden Sanktionen gegen Russland. Gleichzeitig leitet sie einen Paradigmenwechsel bei Ausfuhrgenehmigungen ein: Statt flächendeckender Prüfungen sollen künftig stichprobenartige Kontrollen durchgeführt werden – verbunden mit scharfen Sanktionen bei Verstößen. Damit setzt die Regierung auf eine risikobasierte, effizientere Kontrolle außenwirtschaftlicher Vorgänge.
Prognose Compliance Rechtsanwälte: Hier wird das Regelungswerk unverändert auf hohem Niveau bleiben.
VII. #MeToo
Parallel dazu ist geplant, eine Prüfung strafrechtlicher Schutzlücken bei sexueller Belästigung durchzuführen. Ziel ist es, gezielte, unerwünschte und erhebliche verbale oder nicht-körperliche Übergriffe besser zu erfassen. Der Fokus liegt insbesondere auf dem Schutz von Frauen im Kontext zunehmender Gewaltkriminalität. Ob daraus konkrete Gesetzesänderungen im Strafgesetzbuch folgen, bleibt offen – das politische Signal ist jedoch eindeutig: Der Schutz vor übergriffigem Verhalten soll gestärkt werden.
Prognose Compliance Rechtsanwälte: Prüfungen von „Schutzlücken“ führen in der Regel zu mehr Regelungen, nicht zu weniger.
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Autor dieses Artikels: RA Dr. Maximilian Degenhart, Geschäftsführer der Compliance Beratung + Service Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.

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