Unternehmen, die Geschäftsbeziehungen mit sanktionierten Ländern unterhalten, müssen sich auf Verschärfungen einstellen. Die EU verschärft mit einer neuen Richtlinie unter anderem Bereitstellungs- oder Einfriervorschriften, den Handel mit sanktionierten Waren, das Erbringen verbotener Finanzdienstleistungen und ähnliches. Gleichzeitig erhöht die EU die Sanktionen, und zwar massiv.

Was bedeutet das für die Praxis?

Unternehmen, die Beziehungen zu Risikoländern unterhalten, müssen ihre Compliance-Programme überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Unzureichende Regelungen im Bereich des Außenwirtschaftsrechts oder fehlende Sensibilisierung können ab Mitte 2025 zu erheblichen Sanktionen führen. Unternehmen müssen sich frühzeitig auf die neuen Anforderungen vorbereiten. Dies beinhaltet die Schulung von Mitarbeitern, die Implementierung von Kontrollmechanismen und die Zusammenarbeit mit Experten im Bereich Compliance.

Am 20. Mai 2024 trat die Richtlinie (EU) 2024/1226 * in Kraft. Sie setzt neue Mindeststandards innerhalb der EU und sieht deutlich höhere Strafen für Sanktionsverstöße vor. Die Mitgliedstaaten müssen diese Richtlinie bis zum 20. Mai 2025 in nationales Recht umsetzen, was auch für Deutschland erhebliche Anpassungen der einschlägigen Gesetze nach sich ziehen wird.

Bedeutung restriktiver Maßnahmen der EU

Restriktive Maßnahmen wie Wirtschafts- und Finanzsanktionen, Embargos und Reisebeschränkungen sind zentrale Instrumente zur Erreichung der Ziele der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). EU-Sanktionen werden durch Verordnungen des Rates verhängt. In den vergangenen Jahren waren eine Vielzahl von Ländern und deren natürliche und juristischen Personen von strafrechtlichen und nicht-strafrechtlichen Sanktionierungen betroffen. Insbesondere die verschärfte Sanktionierung von Ländern wie Iran, Russland oder Belarus bei Verstößen gegen restriktive Maßnahmen hat für Unternehmen in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen.

Uneinheitliche nationale Regelungen

Bisher unterscheiden sich die nationalen Strafvorschriften für Verstöße gegen EU-Sanktionen erheblich, da die Regelung des Strafrechts in die Zuständigkeit des jeweiligen Mitgliedstaates fällt. Um diese Unterschiede zu harmonisieren, beschloss der Rat am 28. November 2022 einstimmig, Verstöße gegen EU-Sanktionen in die Liste der „EU-Straftatbestände“ in Art. 83 AEUV aufzunehmen. Die EU darf Mindestvorschriften für Straftaten und die dazugehörigen Sanktionen festlegen, die besonders grenzüberschreitend und schwerwiegend sind. Die neue Richtlinie setzt nun diese Mindeststandards um, um die Tatbestände innerhalb der Union zu vereinheitlichen.

Kerninhalte der neuen Richtlinie

Die neue Richtlinie definiert, welche vorsätzlichen Verstöße gegen EU-Sanktionen als Straftat gelten. Dazu gehören unter anderem Verstöße gegen Bereitstellungs- oder Einfriervorschriften, die Ermöglichung verbotener Einreisen, der Handel mit sanktionierten Waren, das Erbringen verbotener Finanzdienstleistungen und die Umgehung von Sanktionen im Zusammenhang mit Finanzsanktionen. Die Verletzung oder Missachtung von Bedingungen im Rahmen von Genehmigungen, die von Behörden für die Ausübung von Tätigkeiten erteilt wurde, sind ebenfalls erfasst. Auch grob fahrlässige Verstöße, insbesondere im Umgang mit sensiblen Gütern, werden sanktioniert.

Die Mitgliedstaaten können selbst entscheiden, ob Handlungen straffrei bleiben, wenn diese Gelder, wirtschaftliche Ressourcen, Waren oder Dienstleistungen mit einem Wert unter 10.000 EUR betreffen.

Nach der neuen Richtlinie müssen die Mitgliedstaaten außerdem dafür Sorge tragen, dass die Anstiftung und Beihilfe sowie teilweise der Versuch zur Begehung einer in Art. 3 der Richtlinie aufgeführten Straftat als solche geahndet wird.

Sanktionen und Strafen

Die Richtlinie sieht für natürliche Personen Strafen von Geldbußen bis hin zu Freiheitsstrafen von einem bis fünf Jahren vor, abhängig von der Schwere der Straftat. Neben Geldstrafen können Mitgliedstaaten auch Maßnahmen, wie die Entziehung von Genehmigungen und Zulassungen für Tätigkeiten, das Verbot Führungspositionen zu bekleiden oder für öffentliche Ämter zu kandidieren sowie die vollständige oder teilweise Bekanntmachung der gerichtlichen Entscheidung, verhängen.

Juristische Personen können mit Geldbußen von bis zu 5 % des weltweiten Gesamtumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres oder bis zu 40 Millionen EUR belegt werden; auch wenn Personen, die Führungspositionen innerhalb der juristischen Person innehaben, Straftaten nach Art. 3 und 4 der Richtlinie begangen haben. Die Sanktionen müssen dabei wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Neben den hohen Geldstrafen sind ebenfalls flankierende Maßnahmen wie der Entzug von Genehmigungen und Zulassungen oder das Verbot, Führungspositionen zu bekleiden, vorgesehen. In Härtefällen kann sogar die Auflösung der juristischen Person gerichtlich angeordnet werden.

Staatenübergreifend regelt die Richtlinie die Zusammenarbeit der jeweiligen zuständigen Behörden, der Kommission, Europol, Eurojust und der Europäischen Staatsanwaltschaft untereinander.

Auswirkungen auf den deutschen Gesetzgeber

Obwohl Deutschland bereits umfassende Regelungen zur Ahndung von Verstößen gegen EU-Sanktionen kennt, sind Anpassungen notwendig. Regelungen wie §§ 17, 18 AWG (Außenwirtschaftsgesetz) sind noch zu eng gefasst, um die Mindeststandards der EU-Richtlinie zu erfüllen. Einige Handlungen, die künftig als Straftaten gelten, sind derzeit nur als Ordnungswidrigkeiten eingestuft. Außerdem müssen die Höchststrafen für juristische Personen erhöht werden, um den neuen EU-Vorgaben zu entsprechen. Bislang sind lediglich Geldbußen bis zu 10 Millionen EUR möglich.

Der deutsche Gesetzgeber muss nun entscheiden, ob die Bußgelder an den weltweiten Gesamtumsatz der Unternehmen geknüpft oder auf bis zu 40 Millionen EUR erhöht werden sollen. Dies könnte durch die Schaffung von Sonderregelungen oder eine Neufassung bestehender Gesetze (§ 30 OWiG) erfolgen.

* Richtlinie (EU) 2024/1226 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. April 2024 zur Definition von Straftatbeständen und Sanktionen bei Verstoß gegen restriktive Maßnahmen der Union und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2018/1673

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Autor dieses Artikels: RA Dr. Maximilian Degenhart, Geschäftsführer der Compliance Beratung + Service Rechtsanwaltsgesellschaft mbH.

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